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Tanja Oster

Den Karrierestart ermöglichen
Lothringer13: Gespräch mit der neuen Kuratorin Uli Aigner

Münchner Merkur, Kultur, 06.04.2006

Neues Logo, neues Konzept, neue Kuratorin: In der Lothringer13 in München weht ein frischer Wind. Uli Aigner hat in Wien Kunst studiert und wurde mit multimedialen Rauminstallationen bekannt, die einen gesellschaftspolitischen Körperbezug hatten. Die eigene Existenz reflektieren, soziale Begriffe mit neuen Inhalten zu besetzen, das sind ihre Themen. Zuletzt stellte die dreifache Mutter in Linz ein zeichnerisches, „zeitgenössisches Familienporträt“ aus. Nach München kam sie als Gastdozentin an der Akademie der Bildenden Künste von 2002 bis 2003.

Wie unterscheiden sich die Kunststädte Wien und München?

Aigner: Im Gegensatz zu München sind die jungen Künstler in Wien angesehener. Dort gibt es viele Diskussionen, Platz in den Hauptnachrichten und eine gute Infrastruktur. Auch hier machen die Institutionen ein tolles Programm, aber ich wüsche es mir kooperativer.

Dazu können, wollen Sie ja sicher beitragen. Welche Kunstrichtung in München interessiert Sie denn?

Aigner: Am meisten interessieren mich die Jüngsten, die direkt aus dem Akademie-Umfeld kommen. Mit denen werde ich auch arbeiten: Heuer sind vier Einzelausstellungen geplant mit Katalog und großem Begleitprogramm.

Inwieweit möchten Sie sich vom bisherigen Konzept absetzen?

Aigner: Ich will mit Künstler aus München arbeiten und hier ihren Karrierestart ermöglichen. Es sind Künstler, die die wirkliche Gesellschaft und politische Gegenwart reflektieren. Weil die Produktionsbedingungen entscheidend sind, möchte ich das auch mit ihnen verarbeitet sehen. Das bedeutet eine stark existenzielle Ausdeutung: Was ist ein Künstler, wo ist seine Position? Das kann in der Malerei, Skulptur oder Audiokunst sein. Viele Künstler sind sehr produktiv. In München gibt es einen Boom an selbstorganisierten Räumen und Galerien seit sechs Jahren. Aber man muss den großen Auftritt der ganz Jungen leisten können. Da sind wir in der Lothringer13 konkurrenzlos.

Ist das der einzige Unterschied zu den anderen Ausstellungsräumen?

Aigner: Ich verstehe die Lothringer13 als Städtische Kunsthalle, die es ermöglicht, vor Ort etwas größeres zu entwickeln. Ich habe ein sehr kommunales Denken und setzte auf individuelle Künstlerförderung. Die 900 Quadratmeter Ausstellungsfläche sind eine Herausforderung.

Das Gespräch führte Freia Oliv

Viel Raum für Risiko
Kuratorin Uli Aigner über ihre „Lothringer13“

Süddeutsche Zeitung, Münchner Kultur, 13.02.2008

Lange ging es hin und her, ob die sogenannte Städtische Kunsthalle „Lothringer13“ ein neues Domizil bekommt. 2007 beschloss der Stadtrat dann, dass der Mietvertrag für die leicht maroder Halle in Haidhausen um weitere fünf Jahre verlängert wird. Die Künstlerkuratorin Uli Aigner wertet das als Bestätigung ihrer Arbeit, zumal ihr Vertrag bis 2010 verlängert wurde.

Wie fühlen Sie sich nach fast zwei Jahren als Kuratorin der Lothringer13?

Aigner: Man hat hier wenig Etat, und so versuche ich, das Geld möglichst gut aufzuteilen. Deshalb gab es anfangs eine Soloausstellung. Allerdings komme ich jetzt etwas von dem strengen Konzept ab, denn auch dazu reicht das Budget nicht wirklich aus. Unser eigentliches Kapital ist ja der international anerkannte Ort mit seinen 800 Quadratmetern Ausstellungsfläche auf drei Etagen.

Was hat sich konkret verändert?

Aigner: Ich beziehe jetzt vermehrt die Akademie mit ein: Stephan Dillemuth wird mit Studenten sein „Bohemien“-Projekt weiterführen und im 1. Stock einen Film zu Rainer Werner Fassbinder drehen. Ich möchte also den Ort im Sinne der Produktionsunterstützung weiter öffnen, nicht nur für Studenten. Immer wieder werden auch Künstler eingeladen, um sich einen Abend lang vorzustellen. Und im Keller gibt es das Programm „under13“ von Alcuin Ai, das für der Kunst nahestehende Bands aus der Independent-Szene gedacht ist.

Kommen heute also mehr Akademiestudenten in die Lothringer13?

Aigner: Ja, auch deshalb, weil ebenfalls mehr Lehrpersonal von der Akademie kommt. Man hat begriffen, dass ich hier für Studenten so etwas wie eine erste Öffentlichkeit anbiete. Mich interessiert vor allem der Nachwuchs. Durch den Zusatz „Städtische Kunsthalle München“ haben wir ein sehr vielschichtigeres und größeres Publikum bekommen.

Sie müssen Fundraising betreiben, um den Laden am Laufen zu halten, und wurden zuletzt von E.ON gefördert. War das einmalig?

Aigner: Ob wir das Jahressponsoring von E.ON wieder bekommen, weiß ich noch nicht. Es hat unser Budget um 67 000 Euro quasi verdoppelt, neben kleineren Beiträgen von Privatsponsoren. Ich habe mich bei vergleichbaren Institutionen in anderen Bundesländern umgehört: Es ist schon phantastisch, dass sich die Stadt München diesen Ort für experimentellere Kunst leistet. Da ist es nicht so schwierig, Sponsoren zu begeistern.

Warum nicht?

Aigner: Weil es um die Förderung von junger Kunst geht.

Wen kann man damit begeistern?

Aigner: Einige Sponsoren kommen aus dem Print- und Werbemedienbereich oder auch vom Fernsehen. Das Berliner Grafikbüro Weiß des mehrfach prämierten jungen Grafikers Christoph Bebermeier arbeitet jetzt für uns, ohne dass ich viel zahlen muss. Er entwickelt eine neue „Corporate Identity“ sowie eine Broschüre, die unser Profil zeigt.

Warum lässt sich die Ladengalerie nicht stärker anbinden? Das Schaufenster zur Lothringer Straße hin sieht ja eher etwas schmuddelig aus.

Aigner: Dort arbeitet ein sich eben neu gebildetes Kuratorenkollektiv, das wie in einer Produzentengalerie eher als Netzwerker vorgeht. Es gibt vielleicht ein gewisses Milieuproblem, und das hat natürlich auch mit ökonomischen Strukturen zu tun. Das Programm des Ladens ist genauso wie das des Videoarchivs „Spiegel“ von mir unabhängig.

Wirken sich die Soloauftritte der Künstler auf deren spätere Karriere aus?

Aigner: Die Künstler sind sehr zufrieden, bis auf einen haben alle eine Galerie gefunden. Es ist nach wie vor mein größtes Anliegen, dass es den Leuten nach so einer Schau besser geht als vorher, und das funktioniert auch. In der Szene ist die Lothringer13 international ja seit vielen Jahren ein Begriff.

Gibt es für Ihr Modell von Produktions- und Ausstellungsprogramm nicht österreichische Vorbilder?

Aigner: Stimmt schon, ich bin geprägt durch die neunziger Jahre in Wien. Stilbildend für die Szene dort war der nichtkommerziell betriebene Raum des „Depots“ von Stella Rollig im Museumsquartier. Das war meine Schule. Ich glaube, dass Kunst die Ränder der Gesellschaft abtasten und diskutieren muss.

Wie weit darf man gehen? War die trashig-exhibitionistische Ausstellung von Sands Murray-Wassink skandalös?

Aigner: Nein, als Skandal würde ich die Schau nicht bezeichnen, aber es wurde explizit Sexualität gezeigt. Obwohl die Ausstellung nicht in der Presse besprochen war, kamen viele Besucher.

Wie wichtig ist die Präsentationsebene?

Aigner: Der ganze Grund der Anstrengung ist doch, dass hier etwas international Relevantes produziert wird. Ich habe in der Kunsthalle alle Zwischenwände herausreißen lassen, damit eine große Ausstellungsfläche entsteht, die atmet. Sicher war es ein Risiko, einem Performer wie Murray-Wassink den kompletten Raum für so ein schwieriges Thema zu überlassen. Aber genau dafür ist die Lothringer13 da.

Was bringt die Zukunft?

Aigner: Unsere nächste Ausstellung „subtitle“ wird supersauber. Yoshua Okón aus Mexiko macht Videoinstallationen, die im öffentlichen Raum entstanden sind. Beispielsweise ist er in Mexico City in Interaktion mit Polizisten und deren Leidenschaften getreten.

Das Gespräch führte Birgit Sonna

Produktionsstätte und Kunsthalle: die Lothringer13
Experimentelle Vielfalt

UND Münchner Kunstjournal, Heft 32

Die Adresse Lothringer Straße 13 vereint drei völlig unterschiedliche Ausstellungsorte: Städtische Kunsthalle, Spiegel und Laden. Wegen der hohen Miete ständig bedroht, städtischen Sparmaßnahmen zum Opfer zu fallen, besteht vorerst Planungssicherheit für fünf Jahre.

Die Kunsthalle

„Wenn der Dschungel ruft, muss man folgen“, meint Uli Aigner, die seit April 2006 Kuratorin der Ausstellungshalle in der Lothringer13 mit Dreijahresvertrag ist. Anders als Julian Nida-Rümelin, der die Stelle mit Kunsthistorikern Patrizia Drück und Christian Schoen besetzt hatte, beauftragte Lydia Hartl während ihrer inzwischen beendeten Amtszeit nach Courtney Smith zum zweiten Mal eine Künstlerin. Fiel Courtney Smith auf, weil sie in ihrer Münchner Wohnung die Arbeiten befreundeter Künstler ausstellte, so macht es Uli Aigner Freude, junge Talente zu fördern. Aus ihrer Tätigkeit an er Münchner Akademie 2002/03 ging ihre ghostAkademie hervor, die noch einige Zeit im großen Sitzungssaal im Münchner Rathhaus fortgeführt wurde. In der Lothringer13 waren dann die Video-Lectures zu sehen, die Lehrinhalte in den Ausführungen der teilnehmenden Kunstabsolvent/innen festmachten. Horror Vacui, Film, Produkt, Politik, Materie, Alltag, Versuch, Oberflächlichkeit, Körper, praktische (relative) Theorie waren die Gebiete, sowie Lisa Erb, Matze Görig und Tobias Yves Zintel, Franka Kaßner, Daniela Leiter, Anna McCathy, Peggy Meinfelder, Markus Merkle, Franziska Schwarz, Stefanie Trojan, Florian Simon Winter, Anna Witt und die Wiener Produktionsfirma nosugar added/Michal Kosakowski die Namen. Thematisch wie personell findet sich manches im Ausstellungsprogramm der Lothringer13 wieder.

Die Kulturreferentin kam von sich aus auf Uli Aigner zu, die vor der Entscheidung einiges zu bedenken hatte. Seither ist die dreifache Mutter nicht mehr viel zu ihrer eigenen Kunst gekommen. Sie kämpft im Dschungel der Kunstszene für netto 800 Euro und mit einem Budget von 65 000 Euro, das im letzten Jahr durch den Sponsor E.ON aufgestockt wurde. Etwa fünf bis sechs Ausstellungen mit Katalog werden in zwölf Monaten unter diesen Bedingungen veranstaltet. Um ein zahlreiches Publikum anzusprechen, heißt die vormalige Künstlerwerkstatt nun Städtische Kunsthalle. Am Wochenende werden hier 100 bis 200 Besucher begrüßt.

Eine Ausstellung dauert zwei Monate und das inhaltlich Bezug nehmende Begleitprogramm wird mit den Künstlern abgesprochen. Auch Grundsätzliches wird diskutiert. Im Gespräch „Performance im Kunstbetrieb“ mit Uli Aigner und Wolfgang Ulrich klagte die Performance-Künstlerin Stefanie Trojan über den Zeit- und Kraftaufwand, den die Organisation und Finanzierung neuer Projekte kosten. Auch Ulrichs Buch „Gesucht: Kunst“ kam zur Sprache. Darin wird in einem Text über die Reaktion der Künstler auf das allgemeine Interesse an kreativer Atmosphäre, Uli Aigner als Beispiel angeführt. Auf den Abbildungen eines ihrer Kataloge stellt sie ihre Werke vor dem Hintergrund ihrer Wohnung vor. Wie auch immer dies als gesellschaftliche Erscheinung einzuordnen ist, fällt doch auf, dass die Eigenschaft des Multitasking, die Wolfgang Ulrich in der Selbstdarstellung der Künstlerin entdeckt, auch ihre Regie des Schauplatzes Lothringer13 kennzeichnet. Einerseits zur Kunsthalle erhoben, ist der Ort auch Produktionsstätte. Für die Zuwendung des Sponsors E.ON war es ausschlaggebend, dass hier Werke eigens für die jeweiligen Ausstellungen entstehen. Eine Plattform für den Karrierestart möchte die Lothringer13 werden. Junge Münchner Künstler sollen Gelegenheit haben, sich hier vorzustellen, bevor sie anderswo Erfahrungen sammeln. Andererseits werden Positionen, die einem interessierten Publikum bereits ein Begriff sind, einem größeren Besucherkreis zugänglich gemacht. Am 15. November wird eine Ausstellung der in der Niederlanden lebenden Künstlers Sands Murray-Wassink, den Uli Aigner einen Intellektuellen nennt, eröffnet.

„About Average Looking/Accessible Lives“. So heißt die Schau, bei der es um Feminismus, Homosexualität, Coming out, Krankheit, Sexualität und Tod geht. Auch die Sammlung des Künstlers von internationaler, vornehmlich aber amerikanischer und niederländischer feministischer Kunst wird zu sehen sein. Foto, Installation, Video, Malerei und Film werden im Programm der Lothringer13 berücksichtigt. Eine Spezialisierung beispielsweise auf Medienkunst lehnt die eher thematisch als methodisch orientierte Uli Aigner ab. Doch wird es im nächsten Jahr eine Ausstellung des mexikanischen Künstlers Yoshua Okón, der mit ungewöhnlichen Videos bekannt wurde, geben. Sein inzwischen abgeschlossenes Projekt der Künstlergruppe La Panaderia, die sich als Partnerstädte San Francisco und Wien ausgewählt hatte, wurde international beachtet. Aus anderer Perspektive verstehen sich Installation und Video zur Kunst im öffentlichen Raum aus 15 Städten unter dem Titel „Performing the City“ von Heinz Schütz. In Zusammenarbeit mit dem Fotohof Salzburg werden Arbeiten der Fotografin Antje Hanebeck gezeigt. Auch eine Malereiausstellung kommt.

Die große Fläche mit ihren Ecken und Winkeln stellt eine Herausforderung dar und ist zu mehr als nur Kunstausstellung gut. Ab 19. Oktober werden im Keller Konzerte unter dem Titel „under13“ stattfinden, die von Alcuin Ai geleitet werden. Beachtung hat der Künstler aus Großbritannien, der ebenfalls in der Malerei-Ausstellung vertreten seien wird, durch seine Musik zu einer japanischen Interpretation von Brechts „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ gefunden.

Alcuin Ai hielt sich Mai und Juni 2007 in der Villa Waldberta auf, wo ebenfalls während der Ära Hartl mit der Einsetzung der Ethnologin und Volkskundlerin Karin Sommer als Leiterin neue Akzente gesetzt wurden. Nunmehr dauern die Aufenthalte der eingeladenen Künstler nur noch zwei bis drei Monate. Kontakte können während dieser Zeit geknüpft werden und ein neues Publikum gewonnen. Die städtischen Einrichtungen sind gehalten, miteinander zu kooperieren. Uli Aigner denkt für Künstler aus dem Iran, Peking und Moskau an eine Zusammenarbeit mit der Villa Waldberta.

Bewusst versteht Uli Aigner, die bereits Ideen für 2009 hätte, ihr Wirken subjektiv. Ihre ghostAkademie sieht sie als soziale Skulptur. Die Lothringer13 kann auch eine werden.

Der Spiegel

Gründungskurator war 1998 Christian Gögger. Heute leiten Stephanie Mayer und Matthias von Tesmar den Spiegel in der Lothringer13. Auch von dieser Tätigkeit kann man nicht leben, weshalb Matthias von Tesmar auch als Verlagslektor arbeitet. Außer einem Künstlerarchiv und der spiegelnden Ausstellungsinstallation gibt es hier seit vier Jahren einen Schnittplatz, an dem Künstler ihre Videofilme bearbeiten können. Bald soll ein zweiter dazukommen. Nicht zuletzt könne hier Videos aus zum Teil ehemaligen Beständen des Lenbachhauses vor Ort angesehen werde. Das eigentliche Archiv aber besteht aus metallenen Kästen, in denen sich jeweils Kataloge von Künstlern befinden, die in den letzten zwanzig Jahren einen Förderpreis der Stadt München in Bildender Kunst, Fotografie, Architektur oder Angewandter Kunst erhalten haben. Individuelle Gestaltung ist erlaubt, doch nur Ruth Geiersberger und zwei Architekten haben davon Gebrauch gemacht. In Paris und Marseille gibt es ähnliche Ausstellungskonzeptionen wie den Spiegel. Claire, die nach Aldo Gianotti diesen Ort für eine Präsentation nutzt, hat den Kontakt vermittelt. Nun ist ein deutsch-französischer Ausstellungstausch geplant.

Der Laden

Vernetzung ist auch das Zauberwort für den Laden. Hier organisiert ein fünfköpfiges Team mit den Künstlerinnen Yvonne Leinfelder, Heidi Mühlschlegel, der Künstlerkuratorin Anette Schemmel, der Kunsthistorikerin Maria Schindelegger und dem Allgemeinexperten Alexis Dworsky vier Ausstellungen pro Jahr. Die jungen Leute freuen sich über die Arbeitsmöglichkeit und nutzen die Freiheit, um einen erweiterten Kunstbegriff zu verfolgen, der das Interesse vor den Zusammenhang stellt. Seit 2006 wird das Dolores Residency-Stipendium vergeben. Dieses Jahr wurde die neuseeländische Künstlerin Ruth Buchanan eingeladen, in der Domagstraße zu wohnen und im Laden eine Austellung zu gestalten. Dazu ging sie den Spuren der Neuseeländerin Flora Scales nach, die in den zwanziger Jahren in München bei Hans Hofmann Malerei studierte. Für die nächste Ausstellung „Bohemian Work Out“, die von Personen des Teams kuratiert wird, entstehen Werke und Vorträge zum gesellschaftspolitischen Schwerpunkt.

Einzelne Themen lassen sich an den drei Lothringer Stätten, aus jeweils anderer Perspektive betrachtet, wiederfinden. Verschieden im Konzept, verbinden sich die Orte in einer Atmosphäre des Experimentellen.

Annemarie Zeiler

Vom Scherenschnitt zum Kunstwerk
Die Reihe „Film nach 8“ in der städtischen Galerie Lothringer13 zeigt Anspruchsvolles jenseits der Genregrenzen

Süddeutsche Zeitung, Münchner Kultur, 05.12.2007

Im Fernsehen gibt es ihn schon lange, wenn auch immer seltener: den Film nach Acht. Im Kino ist die Zeit nach 20 Uhr dagegen immer noch Primetime – nicht jedoch für das Format, das Tom Gonsior und Dorothea Seror im besonderen Maß am Herzen liegt: der Kurzfilm. Als Freiberufler in der Medienbrache in engem Kontakt zu jungen Filmemachern stehend, fand es Tom Gonsior schon immer schade, dass deren meist kurzformatige Filme, in denen „sehr viel Herzblut steckt“, außerhalb der Filmhochschulen und kleinerer Festivals kam zu sehen sind. Weswegen er 2004 die Kurzfilmreihe „Film nach 8“ ins Leben rief, die er zusammen mit der freien Künstlerin Seror organisiert und die nach den Stationen Substanz und I-camp ihre neue Bleibe in der Lothringer13 gefunden hat.

Dort finden sie nun einmal im Monat statt, mit der Besonderheit, dass dort Filme nicht nur präsentiert, sondern diskutiert und am Ende auch prämiert werden. Ist „Film nach 8“ doch auch ein filmischer Wettbewerb mit attraktiven Preisen, darunter teuer Editing-Software oder Leihequipment im Wert von 3000 Euro. „Ich kenne kaum ein Festival, bei dem es solch hochwertige Gewinne gibt“, meint auch Christoph Englert, der mit seinem Film „Kleinigkeiten“ 2004 den dritten Platz belegte. Den ersten Preis gewann damals Marcus H. Rosenmüller – zwei Jahre vor seinem Erfolgsfilm „Wer früher stirbt, ist länger tot“. Die Gewinner der aktuellen Staffel werden im August 2008 gewählt, und zwar von einer Fachjury aus Film- und Medienschaffenden. Aber zuvor müssen die Filmemacher mit ihren Werken vor dem Publikum bestehen. Aus den monatlich acht bis zehn gezeigten Filmen – Einreichungen sind das ganze Jahr über möglich – werden durch eine Zuschauerwahl jeweils zwei Finalisten auserkoren. Das klingt sehr basisdemokratisch, Christoph Englert nennt es lieber einen „kleinen Ritterschlag“. Den engen Kontakt zum Publikum schätzt der junge Regisseur als „etwas ganz Besonderes“. Sein neuer Film „Der Wachmann und das kleine Mädchen“ wurde am 1. November als Eröffnungsfilm gezeigt und wäre ohne den früheren Preisgewinn bei „Film nach 8“ wohl nicht entstanden.

Zufrieden über die Publikumsbeteiligung dürfte auch Doron Wisotzky und Stefan Wolfner sein, deren skurril-lakonische Filme „Kosher“ und „Cut off“ bei der noch etwas improvisiert wirkenden Auftaktveranstaltung in der Lothringer13 zu den ersten Finalteilnehmern für 2008 gewählt wurden. Wobei, das wissen auch die Veranstalter Dorothea Seror und Tom Gonsior, man nie voraussehen kann, wie das Publikum am Ende reagieren wird. „Aber das macht die Sache ja so spannend“, meinen die Veranstalter. Besonders neugierig sind sie auf die Zuschauerreaktionen am heutigen Donnerstag. In der neuen Kategorie „künstlerischer Film“ präsentieren sie von 20.15 Uhr an Film, die aufgrund ihrer ungewöhnlichen Machart „bisher leider nicht ins Programm passten und auch die Jury vor einige Probleme gestellt hätten“, so Dorothea Seror. Denn wie vergleicht man einen Kurzspielfilm mit einem Scherenschnitt-Film, einem Hörfilm, einer digitalen Animation oder einer audio-visuellen Collage über ein Gedicht von Ezra Pound? Antworten gibt es bei „Film nach 8“.

Jürgen Moises

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© Lothringer13, Städtische Kunsthalle München
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