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Katalogpräsentation: 18.03.2010, 20.00–22.00 Uhr

Einführung und Gespräch mit Michael Tacke
und Dr. Thomas Heyden

Die von Matthes & Seitz Berlin herausgegebene Publikation „Ähnliche Wirkungen“ versammelt drei zentrale Werkgruppen der in Berlin lebenden Künstlerin Heidi Sill. In den Textbeiträgen von Gunter Reski, Ludwig Seyfarth und Marcus Steinweg beleuchten die Autoren die Arbeit der Künstlerin in autonomen Textbeiträgen aus ihrer jeweiligen Perspektive als Autor/Künstler, Kunstkritiker und Philosoph.

Heidi Sill beschäftigt sich mit dem Zusammenhang zwischen Physiognomie und Personalität. Dabei bildet sie in der Werkgruppe der „skins“ die Silhouetten von Menschen ab und setzt sie in einem zeichnerischen Prozess neu zusammen. Sie untersucht einerseits den Begriff der Schönheit in unserer Gesellschaft als körperliches Phänomen; andererseits richtet sich ihr Interesse auf die Individualität, die sich in dieser äußeren, zuweilen fast genormten Kontur sichtbar erhält.

Die Reduktion der Vielfalt physiognomischer Eigenheiten reduziert die Menschen durchaus nicht zum unterschiedlosen entindividualisierten Objekt. Heidi Sill leitet vielmehr wie in den physiognomischen Studien des 19. Jahrhunderts aus dem Einzelphänomen Spuren des Allgemeinen ab. Dabei verdichtet sich die Summe der Einzelmerkmale zu einer Typologie der Standards und Abweichungen. Die Zeichnung bildet ab was sein könnte, wenn man statt des fotografischen Details die Vielgestalt der Wirklichkeit hinter den äußeren Oberflächen erfassen könnte.

In dem Werkkomplex der „cuts“ und „models“ beschäftigt sich die Künstlerin mit einem vergleichbarem Problem. In den Collagen, werden durch Schnitte und Überlagerungen die normativen Prinzipien von „Schönheit“ untersucht. Hinter der glamourösen Oberfläche lauert quasi als natürliches dahinter ein möglicher Abgrund aus Verletzbarkeit und Zerstörung. Die Lust des Betrachters an der Oberfläche ist immer auch ein Spiel mit einem möglichen – oder unmöglichen – Dahinter. Mit dem Skalpell als Werkzeug der Collage seziert Heidi Sill die glänzenden und retuschierten Bilder auf ein mögliches Verborgenes hin, und offenbart dabei wie sich der flüchtige und affizierende Glamour plötzlich in das Gegenteil verkehren kann.

Diese Befragung der Oberfläche verkehrt sich bei den models gleichfalls in ihr Gegenteil: statt die Oberfläche zu durchdringen, transparent zu machen und sie zu überlagern, wird auf die Gesichter eine zusätzliche Schicht aufgetragen. Diesmal nicht als Schnitt auf der Suche nach einem möglichen Dahinter, sondern als Faktur, welche die Makellosigkeit der inszenierten Gesichter unterminiert, sie möglicherweise aus ihrer Konformität befreit und zu verletzbaren Individuen macht.

Die Publikation umfasst 120 Seiten mit 64 Abbildungen und wurde mit freundlicher Unterstützung der Erwin und Gisela von Steiner Stiftung München und der Stiftung Künstlerdorf Schöppingen realisiert.

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© Lothringer13, Städtische Kunsthalle München
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